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Beitrag vom 03.09.2009
Fagget Fairys - Feed The Horse
Tatjana Zilg
Mit einem gewagten Stagediving-Sprung gewann MC Ena die Liebe von DJ Sensimilla. Bald darauf entdeckten die Kopenhagener Club-Aktivistinnen, dass sie sich auch in musikalischer Hinsicht ...
... perfekt ergänzen.
Durch die Singleauskoppelung "Feed The Horse" wurde das lesbische Duo in der dänischen Homebase zum "Talk Of The Town". Wer in das gleichnamige Longplay-Debut hineinhört, wird dies schnell nachvollziehen können: Ein gewaltiger Sound dröhnt da aus den Boxen, mit allem verziert, was eine zeitgemäße Dancefloor-Beschallung bieten sollte - plus etlichen Raffinessen, die dem Ganzen einen hohen Neuigkeitswert geben.
Mächtige Bläser werden gern in Musikproduktionen aller Genres eingesetzt, aber die Art, wie die Fagget Fairys diese mit Electro Samples, dezenten Scratchings, Ethno Pop-Elementen und einem Gesang zwischen lässigem Motown und provokantem Rap kombinieren, ist einzigartig und unvergleichbar. Einmal auf dem Geschmack gekommen, werden Fagget Fairys-JüngerInnen diese heißblütigen Rhythmen während nächtlicher Club-Streifzüge ebenso wie bei Tageslicht lieben und nicht mehr missen wollen.
Beide Ethno-Electro-Feen können auf eine bunte und vielgestaltige Biografie zurückblicken, wobei MC Ena zwölf Jahre weniger zu bieten hat, denn die gebürtige Bosnierin ist erst neunzehn Jahre alt. Elena Carli Cosovic war noch ein Säugling, als ihre Eltern vor den Auswirkungen des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien auf die nordeuropäische Halbinsel flohen. Nach einer Teenager-Karriere als Model und als Handballerin brach sie 2008 die Schule endgültig ab und widmete sich der Musik und ihrer neuen Liebe, die sie vor einem Jahr in einem Club kennen gelernt hat. Die Duo-Legende besagt, dass sie eines Nachts vom DJ Pult in die Menge sprang, um die Aufmerksamkeit der zwölf Jahre älteren DJane Sensimilla zu erregen. Es wurde eine schmerzvolle Erfahrung: Sie landete auf einer Flasche und musste sich einer Notfallbehandlung unterziehen. Aber ihr Ziel hatte sie erreicht. Auch Carla war Feuer und Flamme für sie, sehr zum Ärger der muslimischen Verwandten Enas und der damaligen Freundin Carlas.
DJ Sensimilla ist in der dänischen Kunstszene als überaus aktive, originelle und aufsehenerregende Persönlichkeit bekannt. Hinter dem Pseudonym steckt die 31jährige Carla Cammilla Hjort, die viele hochtalentierte Seelen in sich vereint. Neben ihrer Aktivität als Musikerin war sie als Tänzerin mit Gruppen wie Funkstar Deluxe unterwegs, beteiligte sich an Video- und Filmprojekten, bewährte sich als Party-Organisatorin in New York und gab Geburtshilfe für das Künstlernetzwerk "Art Rebels" und die dazugehörige Wohltätigkeitsorganisation "Heart Rebels". Zu dem kosmopolitischen Charme des Fagget Fairys-Debuts trug sicherlich auch bei, dass sie eine Zeitlang in Indien lebte und sich dort als Körpertherapeutin ausbilden ließ.
Weiterhören: The Gossip und Ebony Bones
Fagget Fairys im Netz: www.myspace.com/faggetfairys
AVIVA-Tipp: Abenteuerlustig, amüsant, laut und gewaltig erklingen die neun Songs von "Feed The Horse". Den Album-Titel werden InsiderInnen besonders schätzen, denn die Metapher beschreibt die Essenz einer Liebesnacht. Selbstbewusst, provokant und genießerisch stehen die Fagget Fairys zu ihrer lesbischen Identität und begeistern mit einer Musik, die ungemein in die Beine geht, aber komplex genug ist, um auch jenseits des Dancefloors für sich einzunehmen.
Glücklicherweise sind die Aussichten gut, noch viel von den Fagget Fairys zu hören: Ihre Heirat steht kurz bevor, sie erklärten das Debut zu diesem Zweck als ihr selbst gemachtes Hochzeitsgeschenk.
Fagget Fairys
Feed The Horse
Label: Music For Dreams, Edel, erschienen August 2009